WV-Nr: 1997-15
"Schöner Platz" 1997
80 x 100 cm, Acryl auf Leinwand



WV-Nr: 1997-09
"Häutung" 1997
70 x 80 cm, Acryl auf Leinwand



WV-Nr: 1998-12
"Sieben Gefäße" 1998
80 x 100 cm, Acryl auf Leinwand


TEXT-ARCHIV

Horst G. Ludwig
Reinhard Fritz Neue Bilder: 1995-1998

Transparenz und Struktur



Stets aufs neue fasziniert ist der Betrachter, wenn er ganz nah an die Bilder von Reinhard Fritz herantritt. Erst dann nämlich erschließt sich ihm die Mikrostruktur des Werkes. Man sieht dann von der oberen Malschicht gleichsam durch das Bild hindurch bis auf die Leinwand mit ihren gewebten Fäden. Diese sind nicht überall zu erkennen, nur an einigen Stellen. Sie bilden dann ein waagrechtes und senkrechtes Lininiengefüge, wobei die Farbe sich in den Vertiefungen sammelt und dort den Verlauf des Gewebes markiert. Die Erhöhungen heben sich davon hell ab. An anderer Stelle ist das Textil von der weißen Grundierung dick überlagert, die aber ihrerseits durch die Pinselspur eine unterschiedliche Prägung aufweist und so wiederum eine andersartige Oberflächengestalt annimmt. Die Partien des Bildes, bei denen die weiße Grundierung stehengelassen ist, veranschaulichen diese Grundierungsschicht in ihrer Reinheit. Aber erst durch die Farbe, die sie wie eine Epidermis umschließt, verdeutlicht sie ihren Reliefcharakter. Erst durch die Farbe wird die zu Grunde liegende Gestik des Grundierens sichtbar gemacht.

Bei den verwendeten Farben handelt es sich um wasserverdünnbare Acrylfarben, die wasserfest auftrocknen. Das bedeutet - und bei Reinhard Fritz immer so angewendet - sie können wie Aquarellfarben benutzt werden, sehr dünn und verlaufend und damit lasierend oder auch deckend. Nach dem Trocknen sind die Fraben in Wasser nicht mehr löslich, wordurch es möglich ist, Lasuren und verschiedene Farbschichten übereinander zu legen. Diese Eigenschaften werden vom Künstler von vorneherein in seinen Malakt und Gestaltungswillen einbezogen.

Die stark mit Wasser verdünnte Acrylfarbe in ihrer Transparenz schließt das Bild also nach oben ab. Diese dünne und durchscheinende Malschicht wird aber stellenweise von einer letzten Malschicht als eigenes formales Gebilde überlagert, und trotzdem bleiben auch solche Stellen bis auf die Gewebefäden durchscheinend. Die Fülle der verlaufenden Farben tritt also zur Primärstruktur hinzu und verbindet sich untrennbar mit dem Grund.

Nachdem der Betrachter diese Mikrostruktur wahrgenommen hat und von Bild zurücktritt, erschließt sich ihm zusätzlich die Formenwelt der Makrostruktur, die eigentliche Komposition. Das Gemälde "Ein schöner Platz" von 1996 besteht aus fünfseitigen unregelmäßigen Kuben, die auf eine irrationale Weise von länglichen Formen überlagert werden, wodurch sich ein spielerisches Gewoge einstellt, das unvermittelt mit der strengen geometrischen Form kontrastiert. Die "Häutungen" von 1997 verfahren anders. Räumliche Suggestion ist hier nicht angestrebt, das Bild verharrt in der Fläche, überzogen von einem wabenförmigen Gitter, das in der Mitte brüchig wird und vielerlei Assoziationen zuläßt. "Sieben Gefäße", die neueste Arbeit von 1998 nimmt formal Bezug auf "Ein schöner Platz", scheint jedoch auf den ersten Blick räumlich nachvollziehbar und rationaler zu sein, gleichwohl gibt es polyperspektivische Anordnungen und einen hochgezogenen Bildgrund, der die Gefäße eigentlich nicht tragen kann, vielmehr als Folie dient. Solcherlei surreale Bildwelten sind sehr typisch für des Künstlers Werk.

Hier wie in dieser Werkreihe überhaupt nimmt die Komposition in der Gegenüberstellung von Geometrie und Biomorphem das Wesen der Kleinstruktur, ebenfalls durch Orthogonalität der Fäden und den Unregelmäßigkeiten der Pigmente charakterisiert, wieder auf. So entsprechen sich Mikro- und Makrostruktur.

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