WV-Nr: 1982-03
"Im Garten der Lüste" 1982
270 x 200 cm, Acryl auf Leinwand



WV-Nr: 1981-07
"Bernsteinmeer" 1981
150 x 200 cm, Acryl auf Leinwand



WV-Nr: 1982-04
"Willow" 1982
150 x 200 cm, Acryl auf Leinwand
Bayer. Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, München



WV-Nr: 1982-01
"Großes Herbstbild" 1982
150 x 200 cm, Acryl auf Leinwand



WV-Nr: 1982-80
"Liebeszauber", Künstlerbuch mit Originalgrafik
Bild- und Zeichenfindungen von Reinhard Fritz
(nach den Aquarellen WV-Nr: 1982-50 bis -63)
zu zwei Gedichten von Theokrit
Übersetzung von Franz Tinnefeld
nummerierte und signierte Auflage
500 Ex., 28,5 x 24,5 cm
TEXT-ARCHIV

Hanne Weskott
Einführung in die Malerei
von Reinhard Fritz


Vernissagevortrag zur Ausstellung im Foyer von
Philip Morris, München am 24. Februar 1983


Sehr geehrte Damen und Herren !
Gegen die Gleichsetzung von Kunst und Dekoration haben sich die Künstler zu Recht gewehrt. Daß aber Kunst auch Dekoration sein kann, ist eine unbezweifelbare Tatsache. Leider hat diese einen schlechte Nebengeschmack. Um nur ja nicht in diesem Sinne mißbraucht zu werden, sind Künstler auf die Staße gegangen, haben Wegwerfkunst produziert, sich in Aktionen erschöpft oder Kunst nur noch im Kopf des Betrachters passieren lassen. Sie haben damit entweder ganz auf das autonome Kunstwerk verzichtet oder aber das Phänomen des Kunstgenusses, das seit der Renaissance wesentlicher Bestandteil des Kunsterlebnisses war, ausgeschaltet. Die radikale Negierung der Sinne hat dann zu der allgemein bekannten Gegenbewegung der sogenannten wilden, heftigen und sonstigen neuen Malerei geführt. Da sich aber Malerei schlichtweg nicht verbieten läßt, haben natürlich Künstler auch vor 1979/80 gemalt. Seit die Malwelle alles zu überschwemmen droht, gilt es für den einzelnen Künstler schon fast als ein Kriterium der Beurteilung, seit wann er malt. Also Reinhard Fritz hat es schon vor diesem Termin getan. Außerdem akzeptiert er für sich die Tatsache, daß Kunst auch Dekoration sein kann. Für ihn gibt es da nur den Unterschied zwischen guter und schlechter Dekoration. Von einem andern Selbsverständnis her, gäbe es wohl kaum eine Möglichkeit in dieser Halle auszustellen. Sie ist bereits überreich dekoriert und macht es der Kunst nicht gerade leicht. Allzu schnell kann sie als zusätzliche innenarchitektonische Gestaltung integriert und damit übersehen werden. Die großen Bilder dort drüben an der blauen Wand verweisen ganz deutlich auf die Tatsache, daß hier kein Designer, sondern ein Maler tätig war. Ihre Harmonie ist in sich selbst begründet und unterwirft sich nicht dem kalkulierten Farben- und Formenschema. Diese deutliche Eigenständigkeit gibt auch den in den Nischen schlechter platzierten Bildern eine Chance.

Das große hochformatige Bild, das Sie alle von der Einladungskarte her kennen, heißt “Garten der Lüste”. Wenn Ihnen hier vielleicht Hieronysmus Bosch einfällt, dann sollten sie dessen spezielle Thematik besser außer Acht lassen und von der Darstellung der Sinnenfreude zum Erlebnis dieser Sinnenfreude kommen, d.h. Wenn Sie vom Entziffern der Einzelszenen bei Bosch absehen, werden Sie gefangengenommen von einer Farben- und Formenvielfalt, die Sie selbst in den Garten der Lüste eintreten läßt. Damit haben Sie dann den internen Verbindungsweg gefunden, der Reinhard Fritz zu seinen Titeln anregt. Diese sind stets eine nachträgliche Zutat. Sie beschreiben entweder eine im Bild wiedergegebene Form oder beziehen sich konkret oder assoziativ auf einen Erlebnishintergrund wie z.B. “Bernsteinmeer”. Es entstand aus der Beobachtung von Wellen und Gischt an der Ostsee. Seine Erscheinungsform ist durchaus ungegenständlich. Trotzdem war der Auslöser eine sinnliche Erfahrung.

Matisse hat einmal gesagt: ”Ich habe immer alles gesehen, wie ich es gemalt habe, auch das, was man mir als willkürliches, geistvolles Ornament auslegt. Erfunden habe ich keine Form”. Und doch hat er, und Reinhard Fritz tritt da in seine Fußstapfen, nie etwas bloß abgemalt. Matisse hat aus dem Gesehenen mit bildnerischen Mitteln eine ästhetische Formel kombinatorisch herausgelöst und die Formel durch Sensibilität und intelligente Arbeit so vervollkommnet, daß sie eine selbständige Tatsache wurde. So hat das Werner Haftmann in seiner ´Malerei des 20. Jht.` ausgedrückt. Vereinfachend und zusammenfassend könnte man das als die Verwandlung von Sichtbarem durch das Auge, die Phantasie und den Pinsel des Malers bezeichnen.

In einige Arbeiten von Reinhard Fritz kann man einer solchen Formenmutation im Bild nachgehen, z.B “Die Weide” (willow). Konkreter Ausgangspunkt waren Maulwurfshügel, die im Herbst zwischen verwehendem Laub in der Wiese aufbrechen. Aus den amorphen Formen in der oberen Bildhälfte werden in der Bildmitte Lippen, die eine geradezu surreale Sinnlichkeit ausstrahlen.

Viele solcher Formen hat Reinhard Fritz im Laufe der Jahre gefunden. Meist konzenztierte er sich einen gewissen Zeitabschnitt auf so eine Form, die dann auch das Bild als einzige beherrscht hat. Der eben schon genannte “Garten der Lüste” weißt auf eine andere Beziehung zu diesen Formen hin. Sie werden benutzt als freiverfügbare Zeichen. Sie müssen sich ganz der Malerei, d.h. Der Eigendynamik der Farben unterwerfen. Sie haben ihre Autonomie verloren. Begründet wurde diese Autonomie auch durch die Arbeitsweise von Reinhard Fritz. Die weißen Formen müssen schon beim ersten Arbeitgang feststehen, weil sie in der Fläche ausgespart werden müssen. Jede spätere Korrektur bleibt sichtbar. Das kann natürlich auch als zusätzliches formales Mittel verwendet werden.

Die für ihn charakteristische, transparente Farbigkeit erreicht Reinhard Fritz indem er auf die weißgrundierte Leinwand Schicht für Schicht dünne Acrylfarben aufträgt. Die Leinwand muß dabei auf dem Boden liegen, weil sondt die Farbe ablaufen würde. Eine solche Farbschicht muß in einem Arbeitsvorgang aufgetragen werden. Die nächste kann erst nach vollständigem Trocknungsprozeß der vorangegangenen folgen. Diese Technik ist der Aquarelltechnik entlehnt, die auch Ausgangspunkt für Reinharf Fritz war. So bleibt wie im Aquarell jede einmal aufgetragene Farbe auch im fertigen Bild sichtbar.

Die jüngsten Bilder sind nicht nur stärker in der Farbigkeit, sondern auch gewagter. Die Farbharmonien werden bis an die Grenze der Balance ausgenutzt und damit spannungsreicher. Ebenso ist in der Komposition aus dem ruhigen Verstömen in der Fläche, dessen Fortsetzung über den Bildrand hinaus durchaus denkbar ist, eine zentripedal oder zentrifugal zu deutende Bewegung geworden. Mit anderen Worten: Das Spiel eines leichten Sommerwindes in dem am Boden liegenden Laub ist von Herbststurm, dessen Böen ganze Blätterhaufen aufwirbeln, abgelöst worden.

Kehren wir noch einmal zu dem anfangs erwähnten Problem der Kunst als Dekoration zurück. Schon darin, wie Reinhard Fritz seine Formen und Zeichen findet, liegt ein Einverständnid mit der Natur. Aus ihrem Anblick erwachsen ihm keine Fratzen und Monster. Sie ist ihm ein Quell der Freude und nicht der Angst. So atmen seine Bilder eine Sinnen- und Daseinsfreude, die ein geradezu paradiesisches Gefühl vom Einssein mit sich und der Natur vermitteln kann. Damit können diese Bilder auch im positiven Sinn Dekoration werden, weil sie nicht nur der Verschönerung von Wänden und Räumen dienen, sondern selbst wie die Natur zum Quell der Lebensfreude werden können.

Zum Schluß möchte ich noch auf eine Arbeit hinweisen, die sich thematisch gut einfügt, aber von ihrer Form her bis jetzt im Werk von Reinhard Fritz einzigartig ist: das Buch “Liebeszauber” mit zwei Gedichten von Theokrit, übersetzt von Franz Tinnefeld. Die Illustrationen sind von Reinhard Fritz: 16 Originaloffsetlithographien, die sich assoziativ, nicht beschreibend, mit dem Text auseinandersetzen. ´Originallithos` deshalb, weil der Künstler direkt auf die für das Druckverfahren notwendigen Filme gemalt und auch die Farben selbst gemischt hat. Das Buch ist in einer Auflage von 500 Exemplaren erschienen.





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