Text-Archiv









Babette Caesar:
"Wenn ein Bild zu singen beginnt."

Die Galerie Holbein eröffnet die
13. Ausstellung mit Bildern von Reinhard Fritz.
Schwäbische Zeitung / Lindauer Zeitung, 14.11.2016

Lindau-Aeschach bc

Prall gefüllt mit neuen Bildern des Münchner Malers und Musikers Reinhard Fritz präsentiert sich die Galerie Holbein in ihrer aktuellen Ausstellung. Er ist seit 1978 zum 13. Mal in Lindau. Viele seiner Werkschauen nennt er schlicht „Neue Bilder“. Die jetzige Serie titelt „Dream, Dance and Fly“ und zeigt Arbeiten in Aquarell auf Leinwand von 2012 bis 2016. Zur Eröffnung am Sonntagvormittag führte Galeristin Annette Pfaff ein Gespräch mit Reinhard Fritz.

Glücklich darüber, dass diese lange Beziehung und Freundschaft zu Reinhard Fritz bis heute gehalten hat, gab sich Annette Pfaff. Ein wunderbares Phänomen sei es, das Lebenswerk eines Künstlers so lange zu begleiten. Ein bis zweimal im Jahr sei sie mit ihrem Mann Hans Pfaff im Atelier vorn Reinhard Fritz. Selbst besitzen sie mittlerweile eine beachtliche Sammlung seiner Bilder. Zum Auftakt des Gesprächs griff der Künstler zur Flöte und improvisierte ein Stück.

Musik und Malerei verbinden sich

Seine Musik, die er seit über 40 Jahren auch konzertant spielt, steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Malerei. In wenigen Minuten könne er sich dabei sammeln, um zu Farbe und Form auf der noch weißen Leinwand finden. „Ich höre das Singen der Dinge so gern“ als ein Ausspruch Rainer Maria Rilkes trifft genau diesen lyrischen Aspekt dieser Bildwelten. Das Faszinierende daran ist die starke luzide Leuchtkraft seines Formenrepertoires, das sich Schicht für Schicht transparent durchscheinend übereinander legt. Alles – die Wolkenformationen, die Lanzettfische, die Sterne und Punkte – sind unablässig in Bewegung, obwohl sie real gesehen nicht vom Fleck kommen. Sich in den Tag träumen, was den meisten Menschen heute angesichts ihrer beruflichen Auslastungen nicht mehr gelingt, und die Dinge tanzen und fliegen zu lassen.

Die nötige Distanz, Ruhe, Abgeschiedenheit findet Reinhard Fritz während Reisen in mediterrane Zonen. Jüngst in einem Künstlerhaus auf Mallorca. Dort habe er eine Stimmung erlebt, die das Bild „Between Blue“ widerspiegelt. Das ist allerdings schon vor zwei Jahren entstanden, was ihn sehr überrascht hat. Die früheren monochromen Flächen, die übersät waren von kleinen Formen, sind längst verschwunden. Annette Pfaff sprach von einer Poetisierung der Fläche. Sie ist dem Weiß gewichen, über das jetzt in vollkommener Balance ebenso amorphe wie spitze oder eckige Formen gleiten.

Was das Rezept des Künstlers ausmacht

„Festes, Konkretes und Bewusstes unter Einbezug des Unbewussten“, macht das Rezept aus, das zur Anwendung kommt. Ungern lässt Reinhard Fritz sich auf Wege festlegen, wie er zur Abstraktion gelangt. Seine Vorgehensweise gleiche eher einem Forschungslabor, was so viel meint, wie sich bis an die Grenze des Könnens heran zu arbeiten und dann Neuland zu betreten.

Auf die Frage nach einer gesellschaftlichen Aufgabe seiner Kunst, blickte er auf die 1968er Jahre zurück, in denen er an der Stuttgarter Akademie studiert hat. Es war die Zeit, in der Künstler Rauschmittel ausprobierten, um sich in andere Sphären zu hieven. Absturz und Katerstimmung eingeschlossen. Reinhard Fritz schwebt ein Zustand ohne derartige Nebenwirkungen vor. Womit sich der Kreis zu den Tagträumen schließt, in die man fliehen könne, sich aber nicht verlieren sollte. „Sich an ein Bild heran zu wagen, da muss man schon gut drauf sein“, stellt er fest.

Was sie bringt, die Malerei? Die Zeit der Bildbetrachtung bietet vielfältige Möglichkeiten hinsichtlich Dauer und Intensität, vom kurzen in Augenschein nehmen bis zur meditativen Versenkung, von einer analytischen Beschäftigung bis zur Verwendung des Bildes als Stimulans und Steigerung des Lebensgefühls, ist im neuen Katalogheft nachzulesen.

Die Ausstellung „Dream, Dance and Fly“ mit neuen Bildern von Reinhard Fritz zum 70. Geburtstag in der Galerie Holbein, Brougierstraße 6, dauert bis 6. 1. 2017. Geöffnet ist sie freitags, samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung unter Telefon 08382 / 4507. Das Katalogheft kostet fünf Euro.


TOP